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Wir sind ganz viele – und wir sind bunt!

Westdeutsche Zeitung, 07. Januar 2019

WZ 2019 Wir sind ganz viele

Foto: Andreas Fischer

 

Nordstadt. Der Wuppertaler Kulturkindergarten nahm am Montag den Betrieb an der Nordbahntrasse auf.

Sitzkissen fliegen kreuz und quer durch den hellen Raum, es wird gerannt und gelacht. Auf ein Signal setzen sich Kinder und Pädagogen, und Björn Krüger greift zur Gitarre. „Hier wird geklatscht, hier geht es rund“, schallt es vielstimmig bis zur hohen Decke, „wir sind ganz viele – und wir sind bunt!“ Viele Kinder lassen sich mitreißen, klatschen in die Hände, stehen auf und tanzen ausgelassen. Nach mehreren Verzögerungen hat der Kulturkindergarten gestern zur Freude von Kindern, Eltern und Erziehern den Betrieb im neuen Gebäude in der Juliusstraße 20 an der Nordbahntrasse aufgenommen.

Das Farbenkinderlied, das Musikpädagoge Krüger für den Kulturkindergarten geschrieben hat, spiegelt seine Grundidee: eine Kita mit einem kulturellen Angebot für Familien aus verschiedensten Hintergründen schaffen und damit eine „Lücke in der Präventionskette schließen“, so beschreibt es Joachim Heiß, Geschäftsführer der Alten Feuerwache. Damit die Einrichtung trotz der Verzögerung im Bau pünktlich zum Beginn des Kita-Jahres am 1. August starten konnte, wurden je 30 Kinder zunächst in der Feuerwache und in einem ehemaligen Kindergarten der Diakonie an der Kyffhäuser Straße untergebracht. „Wir hatten gute Ausweichstandorte“, betont die Kindergartenleiterin Astrid Ippig. „Aber es ist natürlich noch schöner, dass wir jetzt hier sind.“ Drei Gruppen mit je 20 Kindern werden jetzt von zwölf Pädagoginnen und Pädagogen betreut, geplant sind zwei weitere Gruppen und eine entsprechende Erweiterung des Teams.

Die geräumige „Piazza“ mit Glasfront Richtung Trasse bildet das Herzstück des langgestreckten Baus. Von dort aus gehen zu beiden Seiten Gänge ab – wie Straßen in einem kleinen Dorf. Im angeschlossenen Therapieraum ist Platz für logopädische oder ergotherapeutische Behandlungen. Die Einrichtung ist in hellen Weiß- und Grautönen gehalten – ungewohnt schlicht für einen Kindergarten. „Kinder sind heute oft visuell überreizt“, erklärt Ippig. „Da brauchen sie nicht auch noch bunte Wände um sich.“ Die Möbel in den farblich gekennzeichneten Gruppenräumen werden eifrig auf ihren Rollen hin und her geschoben. „Die Kinder sollen ihren Raum selbst gestalten“, so Ippig. Selbstbefähigung zu fördern, ist eine Grundidee der Einrichtung. Das gilt auch für den Außenbereich, in dem neben dem Klettergerüst gerade eine Sandgrube entsteht. „Wir wollen den Kindern nicht vorschreiben, ab welchem Alter sie welche Bereiche nutzen dürfen“, sagt Ippig. Das solle sich durch spielerische Barrieren selbst ergeben.

Im Mitarbeitertrakt wird pausiert und das Essen zubereitet, das vom Nachbarschaftsheim am Platz der Republik geliefert wird – alles vegetarisch, um verschiedenen kulturellen Nahrungsvorschriften gerecht zu werden. Bald soll außerdem frisches Obst und Gemüse im Kulturgarten vor der Tür geerntet werden können. Zum ganzheitlichen Konzept gehört neben gesunder Ernährung auch ein Kulturangebot, das sich „von dem lösen soll, was man gemeinhin unter Kultur versteht“, so Björn Krüger. Ziel sei es, musikalische und künstlerische Aktionen durch Impulse der Kinder aus sich selbst heraus entstehen zu lassen und in den Alltag zu integrieren. Im zukünftigen Musikzimmer wartet bereits ein Klavier – für finanziell benachteiligte Kinder ein besonderes Highlight. „Armut wird oft als Mangel an Möglichkeiten erlebt“, so Astrid Ippig. „Hier wollen wir diese Möglichkeiten schaffen“ – ganz im Sinne des Farbenkinderlieds. In Zukunft soll der Kulturkindergarten jedoch auch für kulturelle Veranstaltungen geöffnet werden.

 

Wer dahinter steckt

Träger Als Träger des Kulturkindergartens fungieren das Kulturzentrum Alte Feuerwache und der Verein „forum“ der proviel GmbH. Während die Feuerwache den pädagogischen Teil übernimmt, stellt proviel Arbeitskräfte für die hauswirtschaftliche Komponente – von der Reinigung und Instandhaltung der Räumlichkeiten über die Essenszubereitung bis hin zu kleinen Reparaturen in der hauseigenen Werkstatt.

Von Julia Wessel

Kulturkindergarten startet am 7. Januar

Westdeutsche Zeitung, 12. Dezember 2018

 WZ KUltur KIGA

Foto: Andreas Fischer

Die Bauarbeiten gehen in den Endspurt: Am 7. Januar soll der Kulturkindergarten an der Nordbahntrasse bezogen werden. In Betrieb ist die Einrichtung, die von der Alten Feuerwache gemeinsam mit dem Verein Forum/Proviel getragen wird, zwar schon seit August — allerdings werden die 60 Kinder aktuell noch in zwei Ausweichquartieren betreut.

„Damit ist bald Schluss“, erklären Christoph Nieder von Proviel und Joachim Heiß von der Alten Feuerwache. Beiden ist anzumerken, wie froh sie darüber sind — und wer mit ihnen einen Rundgang durch den bald fertigen Neubau macht, sieht auch, wie stolz alle Beteiligten auf das neue Schmuckstück sind. Noch wird in und rund um die neue Kita kräftig gewerkelt. Ein Hingucker ist der langezogene Bau aber schon jetzt. „Viele auf der Nordbahntrasse bleiben schon stehen und schauen es sich an“, erzählen Nieder und Heiß. Die Resonanz sei durchweg positiv.      

Zu gucken gibt es auch schon einiges. Ins Auge fällt zum Beispiel der große Spielbereich im Zentrum des Baus, „Piazza“ genannt, mit der großen Fensterfront in Richtung Trasse. „Der Sportboden liegt auch schon“, sagt Nieder und macht gleich einen kleinen Belastungstest. Weiter geht es auf dem Rundgang, etwa in die verschiedenen Gruppenräume. Drei Gruppen á 20 Kinder sind es aktuell, ab August 2019 werden es fünf Gruppen sein. 

 

Baulich wurde versucht, auf das Problem A46 einzugehen

 

Größte Herausforderung beim Bau war auf jeden Fall die A 46, sprich, wie mit dem Lärm umgegangen werden kann, sagt Nieder. Wer von der Juliusstraße zur Kita kommt, hört natürlich die Autos. Im Bau selbst und auf der Rückseite zur Trasse hin, habe man aber alles getan, damit die Geräusche kaum noch auffallen. In den Räumen in Richtung Autobahn gibt es deshalb zum Beispiel keine direkt zu öffnenden Fenster, sondern eine Belüftungsanlage. Und das Dach wurde so konzipiert, dass die Schallwelle über das Gebäude hinwegzieht. „Uns ist wichtig, dass sich hier Kinder wohlfühlen, aber natürlich auch die Erzieherinnen und Erzieher, die hier arbeiten“, sagt Nieder.       

Das Konzept der Kulturkita mit Leben füllen, sollen auch verschiedene Kooperationen. Musiker Björn Krüger etwa ist bereits mehrere Stunden pro Woche mit Kulturpädagogik-Angeboten am Start. Gespräche über Zusammenarbeiten gibt es mit Dörte Bald und der Musikhochschule. Vieles werde sich noch entwickeln, ist Heiß überzeugt.

Doch der Kulturkindergarten ist nur ein Baustein des Projektes, zu dem noch einiges mehr gehört, wie Heiß ankündigt. Der 2000 Quadratmeter Kulturgarten etwa, in dem Obst und Gemüse angebaut werden soll — „gesunde Ernährung ist für Kinder ganz wichtig“, betont Heiß — ist ebenfalls in Arbeit. Man sei ein wenig in Verzug, die Kita genieße aber nun mal oberste Priorität. Deshalb werde man mit der Planung für das Tiergehege auf weiteren 3000 Quadratmetern, die die Alte Feuerwache angekauft hat, auch erst später beginnen.

Denn der Einzugstermin am 7. Januar steht, machen Heiß und Nieder deutlich. Anders geht es auch nicht. Ab 20. Dezember werden die Übergangsquartiere in der Alten Feuerwache und an der Kyffhäuserstraße geräumt, ab 27. Dezember beginnt das Einräumen an der Nordbahntrasse.

Die Nachbarn freuen sich jedenfalls schon, dass es bald losgeht. Die Utopisten vom Bahnhof Mirke betonen immer wieder, wie sehr eine Kita doch zu ihrem Utopiastadt Campus passe. Und auch Lutz Eßrich von der Wuppertalbewegung, der „Herrin der Nordbahntrasse“, wird euphorisch beim Thema Kulturkindergarten: „Das ist ein ganz tolles Projekt.“

 

Von Manuel Praest
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