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Westdeutsche Zeitung, 3. September 2016

 

"Weniger Armut bedeutet mehr Wachstum"

Die Alte Feuerwache an der Gathe ist seit 25 Jahren der zentrale Treffpunkt für Bewohner der Nordstadt.  Archiv

Von Lothar Leuschen

 

Die Alte Feuerwache an der Gathe feiert in diesem Monat ihr 25-jähriges Bestehen. Ohne sie sähe es in der Nordstadt heute anders aus, sagt ihr Leiter Joachim Heiß selbstbewusst.

Wuppertal.  Sehr wahrscheinlich gibt es weit und breit kein Stadtteilzentrum, das optisch mit der Alten Feuerwache an der Gathe mithalten kann. Das Gebäude hat äußerlich noch immer den Charakter einer Feuerwache. Doch im Inneren kümmern sich Sozialarbeiter und Pädagogen seit 25 Jahren darum, dass ganz andere Brände gelöscht werden oder gar nicht erst entstehen. Sie verhindern, dass ein Stadtteil im übertragenen Sinne in Flammen aufgeht, weil er ein Stadtteil mit vielen Abgehängten, vermeintlich Chancenlosen ist.

Die Alte Feuerwache bildet weiter, sie integriert, sie kümmert sich um Kinder und Jugendliche, die keinen Anschluss finden, deren Familien in einer Parallelgesellschaft leben. Sie halten die Nordstadt zusammen. „Ohne uns sähe der Stadtteil heute anders aus“, sagt der Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft Alte Feuerwache, Joachim Heiß, selbstbewusst. Alles spricht dafür, dass er recht hat.

Das Team von Heiß besteht aus 14 hauptamtlich Beschäftigten und zahllosen Ehrenamtlern, die helfen, dass die Wache an 365 Tagen im Jahr geöffnet und damit ein Anlaufpunkt ist. Firmen, Sponsoren und Gönner unterstützen die Mannschaft und tragen so dazu bei, dass die Feuerwache ihre preisgekrönte Arbeit fortsetzen kann. Denn von der Stadt gibt es naturgemäß nicht viel. „Wir wollen uns aber nicht beklagen. In Wuppertal ist zumindest nichts gekürzt worden“, sagt Heiß.

Ein Vierteljahrhundert ist ein langer Zeitraum, eigentlich Grund genug, einmal innezuhalten. Doch das Team um Heiß und die pädagogische Leiterin Jana Ihle denkt längst an morgen. Integrationsarbeit ist auch für die Alte Feuerwache ein zentrales Thema. Die Eingliederung Zugewanderter aus Kriegsgebieten oder aus den osteuropäischen EU-Staaten ist in der Nordstadt eine besondere Herausforderung. „Wir dürfen dabei aber auch nicht die Deutschen vergessen, die hier leben und es als Alleinerziehende oder Arbeitslose schwer haben“, sagt Heiß. Dass die öffentliche Unterstützung dieser Menschen durch die Zahl der Flüchtlinge nachgelassen habe, sehe er aber ausdrücklich nicht. „Da hat sich nichts geändert.“

Möglicherweise baut die Alte Feuerwache einen Kindergarten

Das müsste es aus Sicht von Heiß aber. Er ist der festen Überzeugung, dass für Benachteiligte in Deutschland nicht genügend getan wird. Dabei ist das für den Leiter nicht nur eine Frage von Anstand, Moral und Nächstenliebe. Es ist auch eine Frage der Ökonomie. Verschiedene Wissenschaftler hätten untersucht, wie sich Armutsbekämpfung auf die Wirtschaftsleistung einer Gesellschaft auswirkt. Das Ergebnis ist eindeutig: Weniger Armut und mehr Bildung gleich mehr Wachstum. Daran arbeitet die Alte Feuerwache heute schon, in dem Kinder beispielsweise über das Projekt „Ein Quadratkilometer Bildung“ gefördert werden. Die „8samkeitsgruppen“ helfen Kindern, konfliktsicherer und selbstbewusster durchs Leben zu gehen.

Auf dieser Basis suchen Heiß und sein Team Firmen und Unternehmen, die von der Feuerwache betreuten Jugendlichen die Chance auf eine Berufsausbildung geben. Vorbereitet werden diese Jugendlichen beispielsweise in einem Kurs mit dem Sternekoch Michael Oberleiter, von dem sie neben Kochen auch Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Pünktlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zusammenarbeit lernen.

Für die Zukunft plant die Alte Feuerwache außerdem unter anderem einen viergruppigen Kindergarten in eigener Trägerschaft. „Die Überlegungen haben wir. Sie sind aber noch nicht ganz abgeschlossen“, sagt Heiß. Bald gebe es womöglich mehr dazu.

 

 

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