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Wuppertaler Rundschau, 12. Oktober 2016

Plakat2016

Zynismus pur: Wie kann eine Einrichtung, die es nur gibt, weil es Kinderarmut gibt, auf ihr 25-jähriges Bestehen aufmerksam machen? Vielleicht genau so.

Wuppertal. "Wir feiern 25 Jahre Kinderarmut in Deutschland." Seit kurzem sind diese Plakate an verschiedenen Stellen in der Stadt zu sehen. Und kaum dass sie hingen, wurde auch schon diskutiert. Ist der Text so gelungen? Ist er angemessen? Bereits Anfang der Woche wurde vor allem in den Sozialen Medien über die Kampagne hitzig debattiert. Von Nicole Bolz

Hinter der Aktion steckt die Alte Feuerwache an der Gathe, die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen begeht. "Als wir im Frühjahr überlegt haben, ob wir aus diesem Anlass feiern sollen, war uns eigentlich nicht danach", sagt Joachim Heiß, Leiter der Alten Feuerwache. Schließlich bietet das Thema ja keinen Grund für ausgelassene Partystimmung. Stattdessen wollte man lieber die Kinderarmut, die die Einrichtung auf verschiedenen Wegen im Quartier bekämpft, noch einmal in den Fokus rücken.

Und dazu durfte das Motiv auch drastischer ausfallen. "Uns war bewusst, dass wir mit der Kampagne provozieren", sagt auch Jana Ihle, pädagogische Leiterin der Alten Feuerwache. "Aber wenn wir damit eine ernsthafte Diskussion in Gang bringen, die nicht sofort wieder verpufft, dann ist es das wert."

Eigentlich sollte zum jetzigen Zeitpunkt aber noch gar nicht verraten werden, dass hinter den Plakaten die Alte Feuerwache steckt. Erst in einem zweiten Aufschlag Ende kommender Woche sollte dies mit weiteren Plakaten auch sichtbar werden. Doch die Hintergründe blieben nicht so lang geheim, also bekannte man sich heute Mittag (12. Oktober 2016) an der Gathe dazu. "Wir hatten Innerhalb einer halben Stunde so viel Medien-Anfragen", erzählt Ihle, "da müssen wir sonst ganz schön viel für trommeln."

Und das liegt ihrer Meinung nach eben auch an dem zynischen Ton. "So traurig es ist, aber an Bilder von hungrigen Kindern haben wir uns alle schon gewöhnt. Die blenden wir direkt auch wieder aus. Bei den Plakaten hat plötzlich jeder eine Meinung." Joachim Heiß ergänzt: "Es soll kein Schuss gegen die Stadt sein. Kinderarmut ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Aber wir sind täglich damit in der Alten Feuerwache konfrontiert – und sehen, was das bedeutet. Wir erhoffen uns endlich, klare Bekenntnisse von der Politik, Kinderarmut auch wirklich zu bekämpfen."

Erdacht hat die Plakat-Kampagne übrigens die Agentur "Die Guerillas" aus Wuppertal – unentgeltlich.

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